Mittwoch, 16. Juni 2010

Alltagsleben in Ecuador





















Sehr viel dichter als von Europa aus gesehen sind wir hier mit der
Ölkatastrophe im Golf von Mexiko konfrontiert. Jede Stunde strömen mehr Liter Öl ins Meer, als der BP Konzern der Öffentlichkeit bisher für einen Tag preis gegeben hatte. 8 Millionen Liter pro Tag, die sich über Meeresströmungen bereits im Atlantik verbreiten. Meine Schüler und ich machen das Thema seit zwei Wochen im Unterricht. Am Anfang der Behandlung wusste ein Schüler von 30 etwas. Jetzt sind alle dabei und voller Betroffenheit recherchieren wir und diskutieren das menschliche Tun auf dieser einzigen Erde.
Natürlich war es bisher immer so, dass normales Leben weiter geht, aber diese Katastrophe hat ganz unmittelbare Folgen und ist bisher nicht vom Menschen beherrschbar und so macht sich hier bei uns immer auch Angst breit.
Ja. - Und ich denke auch andere Dinge und möchte über die Eindrücke der Ferienwoche schreiben. Sie war sehr intensiv, ich habe viel vom wirklichen Leben in Ecuador gesehen, mir viel erklären lassen über das Leben der einfachen Menschen und das alles auf spanisch. Wenn es zusammenhängende Geschichten sind zu Themen, die mich interessieren, geht die Kommunikation schon ganz gut. Welche Freude! In Ecuador gibt es unzählige Gruppen der indigenen Bevölkerung (Waranka, Pueblo Negro, Tavalo, Salasaka ...). Ich glaube zu erinnern, dass die Gruppe der in Cuenca und Umgebung lebenden Indigenas Kanari heißt. Diese seht ihr also auch auf den Fotos. Obwohl diese Menschen das Gesicht der kleineren Orte sehr prägen und auch einen großen Teil der Anziehung Ecuadors ausmachen, werden sie hier sehr diskriminiert, was für mich ähnlich unfassbar ist wie Tiefseebohrungen nach Öl. Warum ist die Gesellschaft hier so stark zerrissen? Warum gibt es so wenig Bewusstsein für die Geschichte des Landes? Zum Glück hatte ich Gespräche mit Menschen, die ähnlich wie ich fühlen. Darunter auch meine Sprachlehrerin, die mit mir Konversationsunterricht an authentischen Orten gemacht hat. Zum Beispiel auf dem großen Markt von Cuenca, den ihr auf den Bildern seht. Am spannendsten war ihre Beschreibung des Austreibens von Krankheiten. Mütter - wohl aus allen sozialen Schichten - stehen mit ihren Kindern in der Schlange, um sie behandeln zu lassen. In langen Reihen sind kleine Küchen aufgebaut, deren riesige Pfannen und Töpfe Hunderte von Menschen bekochen. Ich habe natürlich auch da gegessen, auch wenn der ewige Reis und das viele Fleisch nicht gerade meins ist. Dafür waren die Säfte und der Kakao umso besser. Eine Konversationsstunde hatte ich auch in der Sambrerofertigung, bei der eben auch viel über das handwerkliche Geschick der Indigenas zu erfahren war, die aber letzten Endes nur sehr wenig Geld für ihre Arbeit bekommen, weil die Endfertigung ihrer geflochtenen Hüte von kleinen perfekten Apparaten übernommem wird, durch die manche Sambrerohüte unbezahlbar werden.













Cuenca liegt im Hochland. In Rostock dachte ich immer, dass es mir in Quito oder Cuenca viel besser gefallen würde, weil die Temperaturen halt wie daheim sind. Aber das stellt sich ja als völliger Irrtum heraus. Ich beginne meine hässliche Stadt zu lieben, weil es hier an der Küste immer so schön warm ist. Wir neuen deutschen Kollegen sind schon voll klimatisiert, meckern wenn es 21 Grad "kalt" ist, was hier die Extremform von Kälte darstellt und brauchen eine Jacke. In Cuenca war es einfach kalt und geregnet hat es auch, was in Guayaquil bis Dezember nicht mehr vorkommt. Anders als in Europa gibt es hier einfach keine Heizung, mit der man es sich ein wenig gemütlicher machen kann. Mit Termounterwäsche im Hotel! Nach dem Tipp meines Reiseführers war es ein kleines, zumeist sehr stilles Hotel, in der typisch südamerikanischen Bauweise, wie ich dann an mehreren anderen Beispielen sehen konnte. Fenster nach innen!
Schon etwas gewöhnungsbedürftig für mich. Zum Glück bin ich wieder in der verwöhnenden Wärme! Letzten Endes habe ich also in meinen Juniferien nicht draußen in der Sonne gesessen, sondern in den schönen Cafès von Cuenca, wo viel spanische Wörter in mein Heft wanderten und 9 lange Briefe entstanden. Auch schön.
Nicht so schön: Ich habe unglaubliche 98 schöne Fotos gemacht. Zum Hochladen braucht aber ein Foto ewige Minuten. Da muss es doch noch eine andere Lösung geben?
Am Freitag ist ein großes Fest- draußen auf dem Humboldtplatz der Schule zur Begrüßung der Neuen! Da wird Salsa getanzt, was ich natürlich lernen möchte! Vielleicht mache ich ein paar Fotos, die Stimmung soll immer ganz besonders sein. Und die Deutschen sollen immer ganz besonders am Rand stehen - zum Zuschauen sozusagen. Na ich glaube, wir Neuen sind anders gestrickt!

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